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Der Höchstrechnungszins wird erstmals seit 30 Jahren auf Empfehlung der Aktuarvereinigung wieder angehoben

Welche Auswirkungen hat dieser Schritt auf Produkte, Versicherer, Vertrieb und Kunden?

Im November 2023 sprach die Deutsche Aktuar Vereinigung (DAV) die Empfehlung aus, den Höchstrechnungszins von derzeit 0,25 % zum 01.01.2025 auf 1 % anzuheben.

Vor dem Hintergrund eines deutlich gestiegenen Zinsniveaus, aktueller volkswirtschaftlicher Prognosen, sowie der Berücksichtigung der Inflationsrate, hält die DAV einen Höchstrechnungszins für Neuverträge in der Lebensversicherung in Höhe von 1 % für angemessen. Vorausgegangen waren Berechnungen verschiedener Zinsentwicklungen eines Kapitalanlageportfolios. Diese ergaben Durchschnittsrenditen, die eine Zinsanpassung rechtfertigen. Zudem wurden die Ergebnisse mit einem Zinsabschlag von 0,4 % versehen.

Am 24.07.2024 erfolgte nun die Veröffentlichung der Zinsanpassung im Bundesgesetzblatt durch das Bundesfinanzministerium. Somit wird erstmals seit 30 Jahren der Höchstrechnungszins wieder angehoben.

 

Welche Bedeutung hat der Höchstrechnungszins?

Der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung ist der maximale Zinssatz, den Versicherungsunternehmen bei der Berechnung der Rückstellungen für Lebensversicherungsverträge ansetzen dürfen. Dieser Zinssatz ist gesetzlich festgelegt und dient dazu, die finanzielle Stabilität der Versicherer zu gewährleisten und den Verbraucherschutz zu fördern.

Der Höchstrechnungszins beeinflusst die Höhe der Prämien, die Versicherungsnehmer zahlen müssen, sowie die Leistungen, die sie im Leistungsfall erwarten können. Ein höherer Höchstrechnungszins kann dazu führen, dass die Prämien niedriger sind, da die Versicherer mit höheren Zinsen kalkulieren können. Umgekehrt kann ein niedrigerer Zinssatz die Prämien erhöhen.

Es wird also festgelegt, mit welchem Garantiezins der Lebensversicherer seine Tarife maximal kalkulieren darf. Theoretisch kann ein Versicherer auch einen niederen Zins zur Prämienkalkulation anwenden, ist dann aber wahrscheinlich nicht mehr wettbewerbsfähig.

Höchstrechnungszins der deutschen Lebensversicherung

Welche Folgen hat die Anhebung des Höchstrechnungszinses?

Für Versicherer:

  1. Erhöhte Renditeerwartungen: Ein höherer Höchstrechnungszins ermöglicht es Versicherern, ihre Rückstellungen mit einem höheren Zinssatz zu berechnen. Dies kann ihre finanzielle Stabilität stärken, wenn sie in der Lage sind, die erforderliche Rendite tatsächlich zu erzielen.
  2. Prämiengestaltung: Versicherer könnten in der Lage sein, die Prämien für Lebensversicherungen zu senken, da sie mit höheren Zinsen rechnen können. Gerade in der Risikolebensversicherung und in den Tarifen zur Arbeitskraftabsicherung wird es zu günstigeren Prämien kommen.
  3. Risikomanagement: Höhere Zinsen können auch zu einem erhöhten Risiko führen, insbesondere, wenn die tatsächlichen Renditen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Versicherer müssen ihre Anlagestrategien möglicherweise anpassen, um dieses Risiko zu managen. Sollte ein weiter (langfristig) steigendes Zinsniveau zu weiteren Erhöhungen des Rechnungszinses führen, bleibt abzuwarten, ob Lebensversicherer jeden Schritt mitmachen, da sie die Garantien ggf. für Jahrzehnte versprechen müssen.

Für Vermittler:

  1. Verkaufsmöglichkeiten: Vermittler könnten von der Anhebung des Höchstrechnungszinses profitieren, da sie möglicherweise attraktivere Produkte anbieten können. Dies könnte zu einer höheren Nachfrage nach Lebensversicherungen führen. Allerdings erst ab dem 01.01.2025.
  2. Beratung: Vermittler müssen sich über die neuen Regelungen und deren Auswirkungen auf die Produkte informieren, um ihren Kunden fundierte Entscheidungen zu ermöglichen.
  3. Provisionen: Die Struktur der Provisionen könnte sich ändern, abhängig von den neuen Produkten und deren Prämien. Die neuen Tarife müssen das Produktfreigabeverfahren der BaFin durchlaufen, dabei werden die Produkte einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen (Value for Money).

Für Kunden:

  1. Günstigere Prämien: Kunden könnten von niedrigeren Prämien profitieren, da Versicherer mit höheren Zinsen rechnen können. Dies könnte Lebensversicherungen wieder für mehr Menschen interessanter machen.
  2. Leistungsversprechen: Ein höherer Höchstrechnungszins könnte auch zu höheren garantierten Leistungen führen, was für Kunden attraktiv ist, die auf Sicherheit Wert legen. Zu beachten ist, dass bei vielen Altersvorsorgeprodukten nur noch abgesenkte Garantien ausgesprochen werden, da spielt die Erhöhung des Zinses nur indirekt eine Rolle, es kann mehr Kapital in die chancenorientierte Anlage fließen, diese Produkte bieten daher höhere Renditeaussichten. Bei reinen fondsgebundenen Produkten wirkt sich der gestiegene Garantiezins in einem höheren garantierten Rentenfaktor aus.
  1. Vertrauen in die Produkte: Kunden könnten mehr Vertrauen in die Produkte gewinnen, wenn sie sehen, dass die Versicherer in der Lage sind, höhere Renditen zu versprechen. Allerdings müssen sie auch die Risiken verstehen, die mit diesen höheren Erwartungen verbunden sind.

 

Was ist bei einem Neuabschluss zu beachten?

Bei Produkten mit einer Garantieverzinsung, sowohl bei Altersvorsorgeprodukten, wie auch bei Produkten zur Absicherung der biometrischen Risiken Todesfall und Arbeitskraftabsicherung, kommt es zu einer Verbesserung in der Tarifstruktur, aber sollte man deshalb mit einem Neuabschluss bis 2025 warten?

Nicht nur der Garantiezins spielt eine Rolle, sondern auch das Eintrittsalter, die Laufzeit und ggf. der Gesundheitszustand.
Daher sollte man auf Produkte zurückgreifen, die eine Umstellungsgarantie auf die Tarifgeneration 2025 bieten, einige Versicherer haben bereits angekündigt, diese Möglichkeit zu erlauben.

Insgesamt kann die Anhebung des Höchstrechnungszinses sowohl Chancen als
auch Herausforderungen für alle Beteiligten mit sich bringen.

© IPM Industrie-Pensions-Management GmbH